schallgedämpfter Signalbecher

Weltneuheit: „Röhms“ schallgedämpfer Signalbecher für Schreckschusswaffen

                    

Wie? Ein Schalldämpfer von „Röhm“ für den Einsatz an Gas-/Schreckschusswaffen? - Mmh, ja, aber wieso Neuheit??  - Den gibt’s doch schon lange! Nennt sich „Sicherheitskompensator“ und hier ist auch gleich die Produktvorstellung aus Dezember 2002 auf „muzzle.de“ dazu:  

Klar, …sehr gute Sache das! Aber die innovative Konstruktionsabteilung der „Röhmer“ hat da noch was Neues in petto: Einen schallgedämpften Aufsatzbecher für das Abschießen von Raketen, Böllern, Ratterpatronen, und was es da sonst noch alles an pyrotechnischer 15-mm-Munition gibt!

Ja, wie?!? Aber die Dinger sind doch für Silvester, und dann SOLL es doch gerade knallen!

Ja sicher! Tut es ja auch!! - Nur eben nicht mehr so extrem laut, direkt neben dem Ohr des Schützen und umstehender Personen, sondern oben am Nachthimmel. - Schon mal was von Knalltrauma und Tinnitus gehört? ... Nicht?!  - Na, dann lies mal folgendes:

Akustisches Trauma (Explosionstrauma, Knalltrauma, akuter Lärmschaden).

Dabei handelt es sich um eine Verletzung des empfindlichen Hörorgans durch eine kurzzeitige übermäßige Schalldrucküberlastung. Wird also eine bestimmte Belastungsgrenze überschritten, kommt es zu temporären oder bleibenden Hörschäden. Die Sinneszellen im Innenohr werden geschädigt. In vielen Fällen sind zwar „nur“ gewisse Frequenzbereiche betroffen, dennoch ist die Beeinträchtigung gravierend, wenn es z. B. zum Hochtonverlust kommt.

Das Knalltrauma entsteht bei extremen Lautstärken über 150 dB. Dabei reicht schon eine Belastungsdauer von weniger als drei Millisekunden aus. Der Lärm von Schüssen oder Knallkörpern verletzt in der Regel „nur“ ein Ohr, und zwar das auf der der Schallquelle zugewandten Kopfseite.

Beschwerden sind dann eine Hörminderung mit Tinnitus. Die Auswirkungen auf das Gehör nehmen in der Folge des Ereignisses nur selten zu. In etwa der Hälfte aller Fälle gehen die Beschwerden innerhalb weniger Tagen zurück. Der Betroffene sollte in jedem Falle schnellst möglich einen HNO-Arzt konsultieren.

Schlimm! - Ca. 50 Prozent tragen bleibende Schäden am Gehör davon! Die hohen Frequenzen des Knalls schädigen jene Nervenzellen im Innenohr, die diese Tonhöhe verarbeiten. Deshalb betrifft die entstandene Schwerhörigkeit in erster Linie den Hochtonbereich. Trommelfell und Mittelohr bleiben in der Regel zum Glück unverletzt.

Tinnitus (Ohrgeräusche)

Tinnitus ist ein Oberbegriff für alle Arten von Ohr-/ Kopfgeräuschen, unabhängig von deren Ursachen. Die betroffene Person leidet unter dem ugs. auch als "Ohrensausen" bezeichneten Ton oder Geräusch das er als unangenehm wahrnimmt, welches aber außerhalb seines eigenen Kopfes natürlich nicht existent ist.

Fakten: Bei etlichen Patienten geht der Tinnitus in eine chronische Form über. Mehr als ein Drittel aller chronischen Tinnituspatienten nehmen das Ohrgeräusch nur bei absoluter Stille war. Bei fast der Hälfte lässt es sich durch Umgebungsgeräusche überdecken und 7 Prozent leiden unter dem quälenden Ton sogar bei starkem Umgebungslärm.

Soweit der Ausflug ins Medizinische, nun zurück zum “Röhm”-Schalldämpfer….

Mooooment!! - Nicht so schnell! – Warum denn ein Schalldämpfer? Es gibt doch schließlich auch Ohrstöpsel und anderen wirkungsvollen Gehörschutz!

Nun ja, wer auf Ohrstöpsel oder „Micky-Mäuse“ setzt, der handelt in jedem Falle schon mal richtiger, als die „Oben-ohne“-Fraktion. Jedoch zwei wichtige Argumente seien hier ins Feld geführt:

    Wer ist auf der Silvesterparty schon alleine am Start, um das neue Jahr mit ein paar Raketen, Böllern und allerlei blitzendem Feuerzauber zu begrüßen? Liegen dann etwa für alle umstehenden Zeitgenossen Ohrstopfen bereit? Vermutlich eher nicht!  Und was, wenn ein angetrunkener Partygast, ein unachtsamer Passant, oder ein sich neugierig näherndes Kind durch einen abgegebenen Schuss einen bleibenden Schaden am Gehör davon trägt? – Pech gehabt? Selber schuld?! Kolateralschaden im Silvestertrubel? – So einfach wird man das sicher nicht abtun können!

    Nachteil der direkten „Ohrdämmung“: Durch die ggf. eingesetzten Ohrstöpsel ist man als Hobby-Feuerwerker akustisch von der Außenwelt quasi abgeschnitten. So schützt man zwar sein eigenes Gehör vor Schaden, kann aber z. B. warnende Zurufe bei sich ggf. anbahnenden Gefahrensituationen nicht wahrnehmen. - Und so ganz gefahrlos sind die typischen Brauchtumshandlungen zum Jahreswechsel ja denn auch nicht. Die Sorgfaltspflicht der Waffenbesitzer ist schließlich in der Silvesternacht nicht ausgesetzt.

     

    

Daten:

Abschussbecher für pyrotechnische 15-mm-Munition.

Schallreduzierung 70% (Herstellerangabe)

Preis um 44,- EUR

Maße:

Länge: 100 mm

Außendurchmesser: 30 mm

Gewicht: 144 g

Geeignet für Schreckschusswaffen mit Mündungsgewinde (M8 x 0,75). - Da der Dämpfer explizit mit PTB-Nummern beschriftet ist (Fotos oben), darf dieser ausschließlich an den entsprechenden Modellen mit gleicher PTB-Kennzeichnung verwendet werden (gleiches gilt übrigens auch für die herkömmlichen Pyrobecher, wie im Bild unten)! Dabei handelt es sich um die „Röhm“-Modelle: „Mauser HSC 90“ (PTB 722), „RG88“ (PTB 670), „RG96“ (PTB 699), „Vector CP1“ (PTB 749)

 

Abb. unten: Nachricht der “Physikalisch Technischen Bundesanstalt” (PTB) zum Thema “Zulassung von Abschussbechern”.

Im Prüfungsumfang ist seit Inkrafttreten des neuen Beschussgesetztes im Jahre 2003 u. a. auch eine Geschwindigkeitsmessung der Pyrogeschosse enthalten. Dazu die Angaben der “PTB”: (Zitat) (...) Diese Geschwindigkeitsmessung erfolgt mit einer 1 m vor dem Abschussbecher montierten Lichtschranke. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass die kinetische Energie der pyrotechnischen Geschosse einen Wert von 7,5 J nicht überschreitet. Dies wird in einer getrennten Messung mit einem kürzeren Zylinder (Masse von 4 g) überprüft. (...)

Der vollständige Text ist auf der PTB-Website www.ptb.de einsehbar.

 

Bilder unten: Größenvergleich ... gedämpfter Abschussbecher (oben) vs. Sicherheitskompensator (unten)

    

Das Dämpfer-Modul ist aus zwei miteinander verschraubten Komponenten zusammengesetzt:

 

Das Innenbauteil besteht aus Stahl und wird wie ein üblicher Abschussbecher in die Laufmündung der Waffe geschraubt. Umschlossen wird es von einem schwarz eloxierten* Aluminiumrohr. Zum leichteren reinigen, lassen sich die verschraubten Komponenten schnell voneinander trennen.

Und noch einen Vorteil kann der gedämpfte Abschussbecher für sich verbuchen: Während herkömmliche Pyro-Aufsätze an einer Waffe nicht sonderlich  zierend aussehen (Foto oben) und daher in der Regel in irgendeiner Kramschublade verschwinden, macht der Schalldämpfer, dank seiner hochwertigen  „Eloxal“*-Beschichtung, auch in der Vitrine eine durchaus gute Figur. Er muss also nicht erst gesucht werden, wenn er für den nächs ten Einsatz gebraucht wird, sondern kann als Zierstück an einer Waffe verbleiben.

* Als Eloxieren (auch Anodisieren) bezeichnet man das elektrolytische Oxidieren von Aluminium und seinen Legierungen. Dabei wird die behandelte Oberfläche zunächst mittels eines elektrochemischen Prozesses umgewandelt und dadurch bis zu einer gewissen Tiefe porös. Nach dem Eloxiervorgang werden die ent- standenen Poren durch so genanntes Verdichten wieder geschlossen und die chemische Zwischenverbindung in ihren Endstatus gebracht. Werden die Bauteile vor dem Verdichtungsvorgang in ein geeignetes Farbbad getaucht, so lagern sich Farbpigmente in den Poren ein und werden dann mitversiegelt. Die so erzeugte „Eloxal“-Schicht (elektrolytisch oxidiertes Aluminium) ist sehr hart und unempfindlich gegenüber mechani- schen Einflüssen. Außerdem besteht eine hohe Resistenz gegen viele chemische Substanzen. Nicht zuletzt gilt das Eloxieren als eine sehr umweltfreundliche Form der Oberflächenveredelung.

 

 

 

 

 

Angeliefert wird der Dämpfer samt Anleitung in einer praktischen Schraubdose aus transparentem Kunststoff:

Fotos unten: Blick in den Becher, der die Pyromunition aufnimmt. Die Durchlassöffnung für die Zündenergie ist nur 2-3 Millimeter weit.

    

Der meiste Druck, welcher von der gezündeten 9mm-Knallmunition ausgeht, wird durch die beiden Entlastungsbohrungen am Dämpferfuß (Bild unten rechts) ins Innere der Dämpfungskammer abgeleitet, die vom äußeren Aluminiummantel gebildet wird (Fotos unten). Das bringt auch den Vorteil, dass das bekannte seitliche Wegspritzen von kleinen Partikeln (z. B. Splitter des Patronenverschlusses) nicht mehr auftritt, wegen dem in vielen Gebrauchsanweisungen von Schreckschusswaffen das Tragen einer Schutzbrille empfohlen wird. *2) In diesem Zusammenhang noch ein Querverweis auf ein älteres Patent der Firma “Röhm” am Ende dieses Artikels.

    

Bild unten links: Schraubgewinde (M8 x 0,75) am Fuß des Dämfers, welches vom Innengewinde der Waffenmündung aufgenommen wird.

    

 

Praxistest:

Alle verwendeten Pyrogeschosse wurden einwandfrei im Dämpfer-Becher gezündet. Die Knallreduzierung der verwendeten “9-mm-P.A.”-Munition war zwar deutlich, liegt jedoch wohl nicht bei der vom Hersteller genannten Marke von 70%. Diese Feststellung basiert allerdings nicht auf konkreten Schallmessungen, sondern lediglich auf subjektivem Empfinden, unter Einbeziehung einschlägiger Vergleichs- und Erfahrungswerte. Es wird ein Schussknall generiert, den man annähernd mit dem aus einer ungedämpften Waffe für Knallpatronen im Kaliber 6 mm vergleichen kann. (Munitionsvergleich siehe Abb. unten)

Somit bleibt für ein zünftiges Silvesterfeuerwerk noch genügend “Knall-Schall” übrig, um die in Reichweite feiernden Mitmenschen zu “beeindrucken”. Dies jedoch ohne Gefahr zu laufen, das ungeschützte Innohr dem Stress eines Knalltraumas auszusetzen. Das Abfeuern der mit Dämpfer versehenen Waffe, jedoch ohne eingesetztes Pyrogeschoss, erbrachte kein signifikantes Delta zum Geräuschpegel beim Effektschuss.

Fazit:

Alles in allem ist der schallgedämpfte Signalbecher von “Röhm” eine sehr empfehlenswerte Anschaffung, und eine Investition, die sich m. E. in Bezug auf die Gesunderhaltung des Innenohres, sowie unter Einbeziehung gleichzeitiger Sicherheits- und Sorgfaltsaspekte, für den Hobbyfeuerwerker allemal lohnt.

 

Fotos unten: Die “Röhm RG 96”, eine der zuverlässigsten Gas-/Schreckschusswaffen am Markt, in der “Match”-Version mit kompensatorähnlicher Aluminiumverkleidung des Abschussbechers. Diese Variante ist die derzeit einzige Signalwaffe, die mit montiertem herkömmlichen Abschussbecher eine “gute Figur” macht. Der “Kompensator” wird ausschließlich mittels des festgeschraubten Bechers sicher gehalten. Um den Dämpfer zu verwenden, muss dieses Anbauteil natürlich entfernt werden.

    

  <--- zum Waffen-Review (klick)

 

*2) “Röhm”-Patent 1992: Abschussbecher, der die aus der seitlichen Entlastungsbohrung ausströmenden Schussgase nach vorne umlenkt.

 

Danksagung: Vielen Dank an die Firma “Röhm” für die freundliche Teststellung des neuen Schalldämpfers unmittelbar nach dessen Markteinführung!

 

Netzfundstück:

Im Oktober 2019 tauchte bei “egun.de” eine Auktion über einen gebrauchten “Röhm”-Kompensator auf, der für einen Phantasiepreis von sage und schreibe 159,- EUR (!) den Besitzer wechselte (Neupreis 2008 ca. 44,- EUR). Beworben mit einem Textauszug von dieser Website. Das nenne ich mal: “Fette Rendite”:

 

GUNIMO

Dezember 2008 / Januar 2020