Noris Twinny / Twi-Nine Derringer

Noris “Twinny“ / “Twi-Nine”  Derringer (Röhm)

                  

Dieser Bericht beschäftigt sich mit einer äußerst interessanten Knall-/Gas-Waffe. Die Formgebung entspricht dem berühmten „Remington“-Derringer. Durch seine geringen Abmaße (12,3 x 8,9 cm) und das dadurch bedingte, recht niedrige Gewicht (416g bei PTB 599-Version) eignet er sich hervorragend zum verdeckten Führen als Verteidigungswaffe. Ein weiterer Faktor, der diese Erfahrung bestätigt, ist die hohe Zuverlässigkeit der Waffe, weil die 9 mm Revolver-Patronen unmittelbar in den Lauf geladen werden und damit Funktions- bzw. Zuführungsstörungen ausgeschlossen sind. Die Kapazität von zwei Schuss ist natürlich gering und zollt den kompakten Abmaßen Tribut. Im Zubehör-Handel ist ein passendes Gürtelholster erhältlich, das die Selbstverteidigungs-Ausrüstung komplettiert.

          

Der Waffentyp „Derringer“ verdankt seine Namensgebung Henry Deringer. Sein Nachname schreibt sich tatsächlich mit einem „r“. Nur Originalentwicklungen von besagtem H. Deringer werden folgerichtig mit „r“ geschrieben. Derringer mit “rr“ ist dann die richtige Schreibweise, wenn es sich um bauartliche ‚Nachahmungen’ durch andere Hersteller handelt. Im sogenannten „wilden Westen“ fand der „Remington“-Derringer große Verbreitung. So führte u. a. der berühmte „Buffalo Bill“ (William F. Cody) ein solches Modell.

Der „Remington“-Derringer hat auch bei der Firma „Röhm“ eine lange Tradition, die die große Beliebtheit der Waffe wiederspiegelt.

Bereits in den 1960er Jahren wurde die handliche Feuerwaffe hauptsächlich für den Export gebaut. Damals fehlte noch der Sicherungshebel. Es gab sie unter folgenden Modellbezeichnungen:

RG 15         Cal. .22 lr

RG 16         Cal. .22 Magnum

RG 17         Cal. .38 Special (mit Doppellauf aus Profilstahl)

RG 13 im Cal. 4mmR lang erschien 1974

In den 1980er Jahren waren in Frankreich freie Klein-Schrotwaffen angesagt. Der „Röhm“-Derringer war natürlich dabei. Somit kann man sagen, dass es dieses kleine Schmuckstück in nahezu allen gängigen Kalibern mit Rand- und Zentralfeuer gegeben hat, bzw. gibt. Da durfte natürlich auch die Fertigung dieses Modells für den Signalwaffen-Sektor nicht ausbleiben. So kam es, wie es kommen musste:

Im Jahre 1982 erschien der Noris Twi-Nine mit PTB 276 ( Gewicht 380 g)

   

Hier taucht nun erstmalig der Name „Noris“ auf. Das hat folgende Bewandtnis: 1982 hat der  Nürnberger Großhändler „Noris“ die Exklusivrechte an dieser Waffe von der Firma „Röhm“ erworben. Deshalb erscheint er nicht in den „RG“-Katalogen.

Bezugsquelle:

NORIS, Wilhelm Meyer,  Hans-Bunte-Str. 2, 90431 Nürnberg, Tel.:   0911 / 3228470, Fax.:   0911 / 3228479

Beim 276er war der Doppellauf mit dem Rahmen verschraubt (auch verstiftete Variante mit Federring). Dies rief natürlich wieder die unseligen Bastler auf den Plan, was dazu führte, dass diese Sicherheits-Schwachstelle beseitigt werden musste.

                

Im Jahre 1992 erschien daraufhin der „Noris-Twinny“ mit der PTB-Kennung 550 (Gewicht 384 g). Wer nun glaubt, damit wäre der „Bastler-Sicherung“ genüge getan, der irrt. Zwar war der Doppellauf nun mit zwei ineinandergreifenden, gehärteten Bolzen gesichert und mit einer stabileren Laufsperre versehen, so ergaben sich später jedoch amtlicherseits wiederum Sicherheitsbedenken. Daher wurde auch die Fertigung des 550er eingestellt, weil die Genehmigung nicht mehr verlängert wurde.

          

        

2001 war das “Geburtsjahr” der dritten und brandneuen Variante des „Remington-Noris“.

Mit der PTB-Nr. 599 wurde jüngst der dritte Derringer aufgelegt, mit einer äußerst aufwändigen Laufsperre, die eine Kreuzform ergibt, wenn man in den Lauf hineinschaut.

Die von vorne deutlich sichtbare Laufsperre schadet zwar leider der authentischen Optik ein wenig, verhindert aber im Gegenzug, dass die Waffe bei entsprechend missbräuchlichem Einsatz mit einer projektilverschießenden Pistole verwechselt werden kann.

 

Auch äußerlich  gibt es eine kleinere Modifikation, die aber erst auf den zweiten Blick auffällt. Im hinteren Bereich sind die beiden Läufe von einander getrennt und die Verschraubung des linksseitigen Patroneausstoßer-Schiebers reicht bis auf die rechte Seite hinüber, wo sie von einer eingelassenen Sechskantmutter gehalten wird. Ich denke, dass diese recht aufwändige Änderung ebenfalls aus sicherheitstechnischen Gründen erfolgte, um Basteleien zu erschweren, bzw. das Aufbohren und „Scharfmachen“ der Läufe unmöglich zu machen.

Wie kommt der Derringer daher:

          

Werfen wir also mal einen Blick in die geöffnete Pappschachtel, mit der „Twinny“ angeliefert wird. Ein kleiner Kunststoff-Koffer mit Schaumpolster-Einlage würde dieser hochwertigen Waffe sicherlich besser zu Gesicht stehen, dies ist aber wohl ein Kostenfaktor.

Neben der Waffe enthält er zwei (!) Abschussbecher für Signal-Munition, sowie einen Adapter für einen „Noris“ Multi-Signal-Abschussbecher. Bedienungsanleitung und Sicherheitshinweis fehlen ebenfalls nicht. Für die Reinigungstätigkeit liegt eine kleine Bürste bei. Durch seine Bauweise ist der Derringer mit Leichtigkeit zu reinigen, weil die Läufe nach Betätigen des Verschlusshebels nach oben abgekippt werden können. Das macht ihn besonders pflegeleicht  nach einer ausgiebigen Silvester-„Ballerei“. (Hinweis: Das Verschießen von Signal-Munition auf öffentlichem Gelände ist gesetzlich untersagt. Nur auf dem Privatbesitz darf diese verschossen werden, wenn sichergestellt ist, dass die abgefeuerte Munition das befriedete Besitztum nicht verlassen kann. Vielerorts wird allerdings von den Ordnungshütern das Verschießen an Silvester stillschweigend geduldet, weil es sich um Brauchtumshandlungen handelt.)

                  

Geladen wird die Waffe mit Revolvermunition im Kaliber 9 mmK (.380).  Diese Munition ist selbstverständlich auch mit Reizgas- bzw. Pfefferfüllung erhältlich. Der Derringer verfügt über einen linksseitigen Sicherungsflügel. Dieser lässt sich erst dann entsichern, wenn der Hahn bis zur Sicherungsraste gespannt ist. Quasi eine Doppelsicherung. Um einen Schuss auslösen zu können,  muss der Hahn bis in Schuss-Stellung gespannt werden (SAO-Abzug) und der Sicherungsflügel in Position „ungesichert“ gebracht werden. Nun kann man den leichtgängigen Abzug betätigen. Beim erneuten Spannen des Hahnes für die Abgabe des zweiten Schusses erfolgt eine selbsttätige Umstellung vom oberen  auf den unteren Lauf, und umgekehrt.

Will man die ohnehin in „Röhm“-üblicher, exzellenter Qualität gefertigte Waffe weiter aufwerten, so sind im Zubehörhandel Holzgriffschalen, ziselierte Zinnschalen und weiße Kunststoff-Griffschalen erhältlich. Den Derringer bekommt man in den Ausführungen brüniert, mit Nickel- und Altnickel-Finish. Das neue PTB 599-Modell ist nun auch mit einer Seriennummer ausgestattet.

 

Fazit:

Der „Noris Twinny“-Derringer aus dem Hause „Röhm“ ist eine außerordentlich praktische Waffe zur Selbstverteidigung, und ist gleichermaßen für den Silvester-Spaß geeignet. Ihre Qualität ist über jeden Zweifel erhaben, und es gibt sie in vielfältigen, variablen Ausführungen. Ihre Formgebung entspricht dem zeitlos schönen, legendären „Remington“-Derringer und macht sie auch, und eigentlich im Besonderen für Sammler und Waffenliebhaber, zu einem interessanten Stück, das nicht fehlen darf.

Ein herzliches Dankeschön der Firma „Röhm“ für das freundliche Überlassen der Testwaffe (PTB 599), sowie die Versorgung mit sachdienlichen Hinweisen. Diese vorbildliche Unterstützung ist keinesfalls selbstverständlich und sei an dieser Stelle besonders hervorgehoben.

Infos zur Übernahme der Marke “Röhm” durch das UMAREX-Konsortium:

http://www.muzzle.de/N5/Reportagen/Rohm/rohm.html

Die Produktion des “Twinny”-Derringers wurde eingestellt.

 

GUNIMO

Juni 2001 / Juli 2021