Pressluftkapseln

Wiederbefüllbare Druckluftkartuschen statt CO2-Wegwerfkapseln

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Autor Daniel L. (aka “NC9210”) hat eine sehr interessante Abhandlung über die Verwendung wiederbefüllbarer Druckluftkartuschen verfasst, welche die handelsüblichen CO2-Kapseln ersetzen können. Viel Spaß beim Lesen und einen herzlichen Dank an Daniel für diesen Artikel. Ebenso gilt der Dank Robert Lane für das Beisteuern der Fotos und Zeichnungen für diesen Bericht.

Gunimo, Juli 2015

 

Pressluft statt CO²

1996 stellte „Umarex“ die „Walther CP88“ vor und startete damit einen Boom für Action-Pistolen mit CO²-Antrieb. Einer der Nachteile von CO² als Antriebsgas für Druckluftwaffen ist die Temperaturabhängigkeit. Die Mündungsenergie ist nicht sehr konstant und nimmt bei schneller Schussfolge rasch ab. Außerdem sind die CO²-Wegwerfkapseln auf die Dauer auch relativ teuer. Bei „Brocock“ hatte man die Idee das CO² durch Pressluft zu ersetzen, welche zu der Zeit ihren Siegeszug bei Match- und Jagdwaffen begann.

Mit Robert Lane hatte man einen der erfahrensten Konstrukteure für Druckluftwaffen im Team, der auch schon die „LEP“-Technik entscheidend vorangetrieben hatte. Auf Basis des vorhandenen Know-How sollte eine Pressluft-Kartusche mit integriertem Druckregler (siehe: Regulator) konzipiert werden, die anstatt der 12g CO²-Kapsel verwendet werden kann.

Foto unten: Hinten Nigel und Gary Silcock, die Brothers Silcock, vorne Robert Lane. Auf dem Tisch die ersten Prototypen bei einer Projektbesprechung.

Im Juni 1998 war der erste funktionsfähige Prototyp fertig. Es dauerte aber noch ein Jahr bis zum serienreifen Produkt.

Die Kartuschen werden mit einer Pumpe oder aus einer Flasche mit Pressluft befüllt. Der integrierte Druckregler stellt am Ausgang einen konstanten Druck von ca. 55 bar bereit. Die Mündungsenergie bleibt mit dieser Lösung sehr konstant. Schnelle Schussfolgen sind daher problemlos möglich. Die Kapazität ist zwar etwas geringer, das Nachfüllen verursacht aber fast keine Kosten (sofern man das nötige Equipment hat).

Der Aufbau der Kartusche ist aufwändig. Der hintere Teil der Kapsel bildet den Tank. Da man nicht durch den Druckregler füllen kann, befindet sich im Boden der Kartusche ein Ventil. Zur leichteren Handhabung ist ein Feingewinde angebracht mit dem die Kartusche in den Fülladapter geschraubt wird. Im Kopf befindet sich der Druckregler und das Ventil. Wird die Kartusche in eine Waffe eingesetzt, drückt der Anstechdorn auf das Ventil und die Kartusche gibt die geregelte Pressluft ab.

 

Auffüllen kann man die Kartuschen an einer Pressluftflasche, mit einer Pressluftpumpe wie sie auch für Matchwaffen verwendet wird, oder mit einer Handpumpe, wie Sie für „LEPs“ benutzt wird. Letzteres ist echter Sport, es sind über 100 Hübe nötig um eine Kartusche auf 200 bar zu füllen.

Die ersten Versionen hatten noch einige Nachteile und haben den Ruf des Produkts etwas beschädigt. Teilweise waren nur 20-25 Schuss möglich (mit der Pumpe), der Druck war geringer als der von CO² und die Kartuschen hatten teilweise unterschiedliche Ausgangsdrücke. Diese Dinge sind aber seit langer Zeit behoben und die Kartuschen haben sich als ausgesprochen zuverlässig erwiesen. Allerdings ist das Konzept nicht für eine dauerhafte Lagerung von gefüllten Kartuschen geeignet. Die sehr filigranen Teile lassen sich nicht so gut abdichten, dass der Druck über lange Zeit gespeichert bleibt. Füllen und sofort schießen ist die Devise.

Aus einer „Walther CP88“ können ca. 60 absolut gleichmäßige Schüsse abgegeben werden, wenn die Kartusche mit 300 Bar befüllt ist. In allen Waffen mit einem feststehenden Anstechdorn - der das Ventil offen hält - können die Kartuschen eingesetzt werden. Ausnahmen sind solche, die einen integrierten Tank mit CO² fluten, wie z.B. die „Drulov DU10“. Da ein Ventil eingebaut ist, kann man die Kartusche auch jederzeit wieder entnehmen.

Die Einzelteile der Kartusche.

Der hohe Fertigungsaufwand und die aufwändige Montage schlug sich im Preis nieder. Eine Kartusche kostete $50 (ca. 95,- DM) und ein Fülladapter $20 (ca. 38,- DM). Zusätzlich braucht man eine Pressluftflasche die am Ende der 90er Jahre von Ihrer heutigen Verbreitung weit entfernt und sehr teuer war. Der Absatz blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Es wurden insgesamt nur 2000 Stück hergestellt und überwiegend in UK und den USA vertrieben. Die Kartuschen sind heute gesuchte Sammlerstücke und gehen für sehr viel mehr Geld bei „eBay“ weg, zuletzt für £127 (ca. 155€).

Mit der Entwicklung war man der Zeit offensichtlich zu weit voraus. Heute würde ich die Marktchancen deutlich besser einschätzen, auch weil viel mehr Pressluft-Equipment unter den Schützen bereits vorhanden ist. Ich verwende die Kartuschen sehr gerne, schon weil ich Wegwerfartikel in jedweder Form nicht besonders schätze. Die Handhabung mit einer Pressluftflasche ist angenehm und die hohe Kadenz bei guter Konstanz steigert den Spaß mit den Action-Waffen deutlich.

Daniel L.

für “muzzle.de”

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GUNIMO

Juli 2015