Gamo V3

„Nimm zwei!!”

...so könnte derzeit das Motto der Firma „Gamo“ lauten, welches man sich beim Hersteller gleichnamigen Naschwerks entleihen sollte. Denn, und dies ist sicherlich eine durchaus bemerkenswerte Rarität in dieser Branche, der namhafte spanische Waffenhersteller aus Barcelona bringt aktuell gleich zwei neue CO2-Freizeitpistolen auf den Markt, was die Anhänger mehrschüssiger Lookalike-Actionwaffen in erwartungsfrohe Hochstimmung versetzen dürfte.

Beim Modell „PT90“, welches vom System her identisch mit ihrer „älteren Schwester“, dem Gamo Modell „PT80“ ist, handelt es sich um eine optisch recht realitätsnahe Nachbildung einer bekannten deutschen Dienstpistole. Hier kommen die, bereits vom Vorgängermodell bekannten,  8-schüssigen Trommelmagazine zum Einsatz, die das Verschießen von Diabolo-Munition erlauben.

Modell „V3“ erinnert vom Design her weitläufig an eine berühmte amerikanische Armeepistole, auch wenn sie von ihren Maßen deutlich kompakter ausgefallen ist als ihr Vorbild. Die „V3“ ist für die Verwendung von Rundkugeln ausgelegt, die in ein 15 BBs fassendes Reihenmagazin vorgeladen werden.

Neben einigen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden ungleichen Schwestern, gibt es eine Reihe von Unterschieden, deren Vor- und Nachteile sowie Besonderheiten hier im weiteren Vergleich dieser Modelle aufgezeigt werden.

Zum Testbericht GAMO PT 90 ---> 

Gamo V3:

    

Technische Daten „V3“:

Hersteller: Gamo

Serien-Nr.: 04-4C-106074-03

System: CO2-Semi-Automatik

Länge: 193 mm

Höhe: 146 mm

Breite: 33 mm

Gewicht: 485 g (leer)

Kaliber: 4,5 mm BB (Blei)

Abzug: Double Action Only (DAO)

Abzugswiderstand: ca. 6.500 g

Magazinkapazität: 15 Schuss (Reihenmagazin)

Schussausbeute je CO2-Kapsel: 80-90 verwertbare Schüsse

Mündungsenergie: ca. 120 m/s (Herstellerangabe)

Visierung: Korn statisch, Kimme horizontal justierbar, Kimme trägt weiße Markierung

Lauf: gezogener Lauf

Sicherung: Schwenkhebel linksseitig, blockiert den Schlitten und den Abzug

Ausführung: Griffstück Kunststoff, Schlitten Druckguss (brüniert), Waffe auch mit vernickeltem Schlitten erhältlich.

Ausstattung: Herausnehmbare Magazineinheit mit Kapselaufnahme und Ventil. Magazinentriegelung linksseitig, Schlittenfanghebel ohne Funktion, verkleidete Kapseljustierschraube.

          

Entnimmt man die V3 der kleinen Pappschachtel (Bild oben links), in der sie mit Manual und einem Mini-Inbusschlüssel für die Kimmenverstellung geliefert wird, dann hält man eine leichte, kompakte Pistole in der Hand, die qualitativ einen recht guten Eindruck erweckt und in modernem und gefälligem Design daher kommt. Die ansprechende Optik wird lediglich durch die Heckansicht ein wenig getrübt , denn dort, wo das Schlagstück seine Arbeit verrichtet, wirkt das Finish ein wenig unfertig und rustikal, irgendwie fast wie eine offene Wunde (Bild oben rechts).

    

Das Griffstück ist mit Fingerrillen ausgestattet, und in Verbindung mit der rauen Oberfläche der nur angedeuteten Griffschalen erzeugt dies insgesamt eine gute Handlage.

Betätigt man den Magazinauswurfknopf am Griffstück hinter dem Abzug, welcher nur linksseitig angebracht ist, dann gleitet die Magazineinheit aufgrund des hohen Eigengewichts selbsttätig aus dem Schacht heraus. Dieses Bauteil enthält neben dem Reihenmagazin für die 15 Rundkugeln auch die CO2-Kapselaufnahme und das Ventil. Die Munition lässt sich schnell und ohne jegliche Fingerakrobatik laden. Wegen des gezogenen Laufs sollten nur Blei-BBs zur Verwendung kommen, da Stahlrundkugeln zu hart sind und auf Dauer die Züge zerstören, worunter dann die Schusspräzision leiden würde.

        

Die 12g CO2-Kapsel wird nach altbekanntem Verfahren in die Aufnahme gelegt und mittels der Feststellschraube fixiert und angestochen. Sehr schön ist die Tatsache, dass der Griff dieser Schraube mit einer wegklappbaren Kappe verkleidet ist (Bild unten rechts), was unter ästhetischen Gesichtspunkten einen absoluten Gewinn darstellt. Diese Kappe rastet beim Schließen ein und kann nur bei entnommenem Magazinbauteil geöffnet werden, da der Entriegelungsknopf innerhalb des Griffstückschachtes liegt.

Bild unten Links: Ladeschacht für die Kugeln.

Bild unten Mitte: Deutlich ist der Entriegelungsknopf der Schraubenkappe zu sehen.

                  

Der Vorteil dieser Magazin-Konstruktion ist, dass man bei Verwendung von mindestens zwei Ventileinheiten einen realistischen Magazinwechsel simulieren kann, und bei einem ggf. auftretenden Ventildefekt muss nicht die gesamte Waffe zur Inspektion, und steht dem Anwender zur weiteren Verwendung bereit. 

    

Die V3 verfügt über eine Sicherung, die mittels linksseitigem Schwenkhebel den Schlitten in der Rückwärtsbewegung blockiert und damit auch den Abzug, wenn man diesen nach oben schwenkt. Wegen des seitlichen Spiels des beweglichen Schlittens, kann man diesen Hebel oftmals leider erst nach Korrektur des Schlittensitzes in die gesicherte Position bringen, da er an die Unterkante des Schlittens stößt, anstatt in die vorgesehene Aussparung zu greifen. Das ist ein ärgerlicher Funktionsmangel, denn eine der Sicherheit dienende Einrichtung sollte einwandfrei in Anspruch genommen werden können, da der Anwender ansonsten dazu neigt, eben diese Sicherung zu vernachlässigen.

    

Das sich der Schlitten, ähnlich wie bei einer scharfen Schusswaffe, vor und zurück bewegt, ist ein rein mechanisch angelegter Vorgang, und erfolgt nicht unter Verwendung von CO2-Gas. Hier handelt es sich also nicht um eine Waffe mit dem sogenannten „Blow-Back“-Effekt.

Bilder unten: Die Verlagerung des Schlittens und die Bewegung des Schlagstückes werden hier deutlich

    

Bei Betätigung des „Double-Action-Only“-Abzuges (kein Vorspannen möglich), bewegt die Abzugsmechanik den Schlitten der Pistole nach hinten und der nimmt dabei das Schlagstück mit. Zeitgleich wird der Lauf in einer Rückwärtsbewegung an das Ventil herangeführt, vor das mittels Federdruck eine Kugel aus dem Reihenmagazin geschoben wird. Wenn der Schlitten seine hintere Position erreicht, klinkt das Schlagstück aus der Führung aus, schlägt auf den Ventilstößel und löst damit den Schuss aus. Hält man den Abzug durchgezogen, verharrt der Schlitten in der hinteren Position und läuft erst mittels Federkraft mit dem Loslassen des Abzuges nach vorne in seine Ruheposition. Auch hier wird der Unterschied zur „Blow-Back“-Funktion wieder deutlich.

          

Bei entnommener Magazineinheit ist der Stößel des Ventils durch eine federbelastete Abdeckkappe vor ungewollter Betätigung geschützt. Eine sinnvolle Sicherheitsmaßnahme, die der Unfallvermeidung beim Ladevorgang mit eingelegter und angestochener CO2-Kapsel dient. Erst wenn das Magazin wieder eingeführt ist, liegt der Stößel frei vor dem Schlagstück. Durch das reine Zurückziehen und Loslassen des Schlittens, also ohne Abzugsbetätigung, kann übrigens kein Schuss ausgelöst werden.

    

Das Bewegen des Schlittens beim Schießen, das einen halbwegs authentischen Eindruck erwecken soll, muss leider mit einem erhöhten Abzugswiderstand bezahlt werden, denn das Mehr an zu bewegender Masse verschlechtert indirekt die Präzision, da die Waffe beim Durchziehen des Abzuges wegen des erhöhten Widerstandes dazu neigt, verzogen zu werden. Unterstützt wird diese Tendenz vom recht geringen Gesamtgewicht der Pistole (485 g leer).

Bilder unten: V3 mit abgenommenem Schlitten.

    

Die Abzugs-Charakteristik wird von einem sehr langen Vorzugsweg, und den durch die Schlittenmitnahme negativ beeinflussten, sehr schwergängigen, kratzigen und schabenden Eindruck geprägt. Ohne genau definierten Druckpunkt, und gegen Ende des Abzugsweges  nochmals ansteigenden Widerstand, löst der Schuss ziemlich unvermittelt aus. Auch für eine Freizeitwaffe dieser Ausprägung ist dieser nicht justierbare Abzug kein Ruhmesblatt.

Bild unten links: Das ventilierte Abzugszüngel, wie man es auch bei Race-Guns häufig findet, unterstreicht die sportliche Optik der V3. Dahinter der Magazin-Ejektor.

    

Die offene Visierung besteht aus einem statischen Korn, und einer nur horizontal verstellbaren Kimme, die mit weißen Markierungspunkten versehen ist. Das Visierbild bietet recht wenig Kontrast, was sich insbesondere bei ungünstiger Beleuchtung negativ auswirkt. Die Bedienungsanleitung der V3 weist übrigens die Kimme fälschlicherweise als seiten- und höhenverstellbar aus. Die Kimme war bei Auslieferung im Sockel mittig zentriert, die Treffpunktlage in dieser Einstellung lag jedoch weit links außerhalb des Zielscheibenspiegels. Nach dem Einschießen war die Kimmenlage sehr deutlich rechts neben der Mittelposition (Bild unten Mitte). Dies ist nicht gerade ein Hinweis auf geringe Fertigungstoleranzen.

                  

Der Schießtest auf Distanzen zwischen 4 und 8 m fiel denn auch recht ernüchternd aus. Durch die bereits geschilderte schlechte Abzugs-Charakteristik ist die Präzision der V3 ein eher dunkles Kapitel. Selbst im beidhändigen Anschlag und mit aufgelegten Unterarmen generiert die getestete Pistole immer wieder Ausreißer. Auf 8 m lagen z. B. 6 der abgefeuerten Schüsse innerhalb des „8“er Ringes, einer in der „6“ und einer gar in der „3“. Subjektiv verspürt, kam es auch immer wieder zu Schüssen mit deutlich geringerer Energie, auf die unmittelbar wieder ein normalbeschleunigtes Geschoss folgte. Selbst bei 4-m-Versuchen auf eine handelsübliche LG-Scheibe mit 11,3 cm Durchmesser (Bild oben rechts) konnte kein Schussbild erzeugt werden, in dem Treffer außerhalb des 8er-Ringes vermieden werden konnten. Auch eingedenk der Tatsache, dass ich kein Meisterschütze bin, ist dies ein ernüchterndes Resultat in Bezug auf die Präzision der Pistole. (Wegen fehlender Einrichtung konnte weder mit fest eingespannter Waffe geschossen werden, noch die Mündungsenergie der Pistole gemessen werden.)

                

Ein ebenfalls zu bemängelndes Thema bei der Testwaffe ist das Phänomen, dass beim langsamen Durchziehen des Abzuges immer mal wieder Kugeln aus dem Magazin durch den Lauf herausrollten, bevor der Schuss auslöste, oder aber eine, manchmal sogar zwei, bereits herausrollende Kugeln auf halbem Wege noch gerade von der CO2-Ladung mitgenommen werden konnten. Auch so können einige der deutlichen Ausreißer in den Schussbildern erklärt werden. Tests mit drei verschiedenen Munitionssorten zeigten allesamt das gleiche Ergebnis.

Die Klappziele im Walther-Entenkasten wurden bei Treffern kräftig auf die Magnete geworfen, Getränkedosen wiesen in der Regel Ein- und Austrittsloch auf, was auf ausreichende Power für das Plinking hinweist.

Bild unten links: V3 mit vernickeltem Schlitten.

Bild unten rechts: Die Gamo-CO2-Pistolen-Familie. (Testberichte im Bild verlinkt...)

        

Fazit: Für  rund 90,- EUR (brüniert) bzw. 100,- EUR (vernickelt) erhält der Käufer eine Freizeitwaffe in modernem Design, die wegen gravierender Kritikpunkte absolut kein Präzisionswunder ist, dennoch auf den üblichen Distanzen um 6 – 8 m einigen Schießspaß beim Plinking vermittelt, ohne jedoch zu überzeugen. Das Feature des repetierenden Schlittens wird durch die daraus resultierenden Nachteile zu teuer erkauft. Für das Actionshooting dennoch eine preiswerte Bereicherung der Auswahl unter den Lookalike-Modellen, wenn auch qualitativ ein Stückweit von den Top-Produkten dieses Segments entfernt.

GUNIMO

September 2003